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KÄTHE BRAUN-PRAGER -
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aus dem Novellenband Die Stadt der Ewigen

Die Heimkehr  (Textauszug) - 
- am 9. März 2004 wurde diese Novelle im ORF1-Rundfunk gesendet! - 


(...) als er wieder kam, war ein Mädchen mit ihm. Es war unauffallend gekleidet, jung, und hatte keine unfeinen Bewegungen. Die Frau und der junge Mensch standen am Fenster. Als der Schlüssel knackte, drehte sie sich erschreckt um. Die Frau, die sich schon so lange beherrscht hatte, begann endlich zu weinen. Es schien ihn nicht zu bewegen. Er bestellte das Nachtmahl, und nun aßen sie zu viert, schweigend, nur von unausgesetztem, doch schon leiserem Weinen der Frau begleitet. Des fremden Mädchens Augen blickten voll Mitleid auf sie. Ahnend begriff es vieles, aber es hatte zu schweigen; eine hohe Bezahlung bestimmte, forderte dies.
Er erhob sich nach dem Mahl und bedeutete der Frau und dem jungen Menschen sich zurückzuziehen. Er selbst legte den Arm um die Schulter des Mädchens.
Nun sperrte er die Türe hinter den beiden zu. Dann bereitete er selbst sein gestriges Lager, warf nur die Matratze heraus, auf die er sich legte. Dem Mädchen bedeutete er, sich niederzulegen. Eine dünne Decke zog er sich gleich, nach raschem Entkleiden über dem Kopf. Als das Mädchen im Bette lag, stand er wieder auf, um das Licht abzudrehen. Es wurde hiebei kein Wort gewechselt. Es war froh, sich einmal ruhig ausschlafen zu können; seine Atemzüge gingen über in das Ticken der Uhr, in das Aufknacken des trocken gewordenen Holzes der Möbel. Wieder verbrachte er die Nacht mit Horchen und Wachen und mit dem Ausdenken neuer, böser Pläne. Nun saßen sie zu viert beim Frühstück. Als es beendet war und das Schweigen wieder einsetzte, bat seine Frau weinend: "Ach laß es genug sein mit diesen Qualen, ich bitte dich, schick mich fort, nur laß es genug sein mit diesem Schweigen und diesem fremden Mädchen. Ich will dir ja alles gestehen, alles......." (...)