HOME

FELIX-BRAUN-Startseite

 

DER TOD DES ROCHEN

von
Johann Gunert

österr. Dichter, (1903-1982)

 

 

aus „Überall auf unsrer Erde“ Gedichte, Österr. Verlagsanstalt,1952

 

 

 Die Fische zogen atemlos das Netz zum Boote,

das auf dem Meere schaukelte im Mittagsschein

und das sich neigte und zu kentern drohte,

als sie das Netz, das voll zum bersten, brachten ein.
 

Wie Sturzflut klatschten, mit dem Netze losgelassen,

die Fische in das Boot, das bis zum Rande schwoll

und fast zu klein war, solche Last zu fassen,

die silberblitzend, lautlos durcheinander quoll.
 

Die Männer, die das Seil umklammert hielten, standen

beim Steuer und am Bug bis zu den Knien

im wilden Schwall der Leiber wie im Wogenbranden

und sahen dann ein Dunkles riesig und sie schrien.
 

Da lag gewaltig, auf den Fischen ausgebreitet,

ein Rochen, der im Netz gewesen war,

die Augen funkelnd und von Schreck und Zorn geweitet

und peitschte mit dem Schwanze gegen die Gefahr,
 

so daß ringsum die Fische auseinanderflogen,

von jedem Schlag zum Boot hinausgefegt,

indessen seine Kiemen rasch und gierig sogen

und sein Gebiß im offnen Maul war gebleckt.
 

Mit seinen Flügelflossen wollte er sich heben,

mit denen er besessen auf- und niederschlug,

sich hochwarf und vergeblich bäumte um sein Leben,

wie durch Äonen sich erinnernd an vergeßnen Flug.
 

Da hieb nach ihm ein Fischer mit gezacktem Prügel.

Getroffen glitt das Ungeheuer zu der Wand

und hing nun zuckend mit dem unverletzten Flügel

wie auf der Flucht, geklammert an des Bootes Rand.
 

Dann aber stieß ihm einer mit dem Eisenspeere

die Weiche ein und das Gesicht mit voller Wucht.

Ein jähes Donnern rollte grollend auf dem Meere

und angstgetrieben ruderten die Fischer zu der Bucht.
 

 

  Anmerkung: Dieses Gedicht von Johann Gunert, (ein Freund von Felix Braun) hat mich sehr beeindruckt. Der Rechtsnachfolger Herr Günther Meissner hat mir gestattet, dieses Gedicht in meine Homepage zu stellen!

 

Seitenanfang